Mittwoch, 7. Dezember 2016

Tag des Beruflichen Gymnasiums

Kultusministerin Dr. Susanne Eisenmann rief, und mehrere Hundert Gäste kamen, um in der Schwabenhalle in Fellbach den 50. Geburtstag der Beruflichen Gymnasien in Baden-Württemberg zu feiern. Darunter auch ein Team von Schülern und Lehrern der HEID TECH.

Es hatte den Auftrag, das Tablet-Projekt der Schule vorzustellen.

Die Wogen der Erregung über schlechte schulische Leistungen schlagen derzeit hoch. Lesen, Schreiben und Rechnen sollten sie können, unsere Schüler. Tun sie aber nicht. Ihre Deutschkenntnisse sind sogar schlechter als die Polizei erlaubt, stellte jüngst Der Spiegel fest. So scheiterte fast die Hälfte der Kommissar-Anwärter beim Bundeskriminalamt am Rechtschreibetest, und das obwohl ein Abitur vorausgesetzt wird.

Baden-Württemberg macht da keine Ausnahme mehr. Der neuesten Pisa-Studie zufolge fielen Neuntklässler beim Test ihrer Lesekompetenzen dramatisch auf Platz neun von sechzehn zurück. Sechs Jahre zuvor war noch ein dritter Platz herausgesprungen. „Sie konnten alles, sogar Hochdeutsch“ kommentierte die Hamburger Wochenzeitung Die Zeit nicht ohne Häme das schlechte Abschneiden des einstigen Bildungs-Musterländles.

Ruhe wichtiger als Reformen

Der Tag des Beruflichen Gymnasiums bot der Kultusministerin Gelegenheit, darzu-legen, wie sie zu Leistung und Qualität zurückfinden möchte: durch Förderung der Kernkompetenzen. Dafür will sie mehr Zeit und Geld zu Verfügung stellen. „Wenn Stabilität, Verlässlichkeit und Ruhe an den Schulen einkehren, können sich die Lehrer auch wieder darum kümmern, wie ihre Schüler lesen, schreiben und rechnen anstatt um Reformen.“

Landtagspräsidentin Aras: „Ich sprach doch kein Wort Deutsch.“

Eine Runde von Persönlichkeiten aus Politik, Wissenschaft und Verbänden ging in einem Podiumsgespräch der Frage nach, wie Berufliche Gymnasien zu ihrem persönlichen Erfolg beigetragen haben. Allen voran Landtagspräsidentin Muhterem Aras. Sie führte aus, wie sie als Zwölfjährige mit ihrer Familie nach Stuttgart gekommen sei und es dennoch geschafft hat, an der kaufmännischen Johann-Friedrich-von-Cotta-Schule das Abitur abzulegen. „Ich sprach doch kein Wort Deutsch.“ Heute nutzte sie ihren Platz auf dem Podium, um einer Lehrerin öffentlich ganz besonders zu danken, weil sie „immer an mich und meine Fähigkeiten geglaubt hatte“.

Baden-Württemberg hat im kommenden Jahr den Vorsitz in der Kultusministerkonferenz

Etwa jedes dritte Abitur wird in Baden-Württemberg an einem der 225 Beruflichen Gymnasien erworben. Was haben sie anderen Schulen voraus? Viel von dem, was bildungspolitisch angezeigt sei, so Ministerin Eisenmann, hätten Berufliche Gymnasien „schon immer“ so gehandhabt: den Bezug zur Praxis, die Durchlässig-keit in Hinblick auf vorgelagerte Schularten und vor allem ihre Integrations-leistung, die mit zehn Prozent etwa doppelt so hoch läge wie bei allgemein-bildenden Gymnasien. Eisenmann hob hervor, dass sie 2017 den Vorsitz in der Kultusministerkonferenz der Länder übernehmen wird. Ihr Ziel sei, die Themen Inklusion, Integration und Digitalisierung ganz nach oben auf die Agenda zu setzen.

Bei der Digitalisierung ganz vorn dabei

Am Stand der HEID TECH herrschte Vollbeschäftigung. Schüler und Schülerinnen erklärten zusammen mit ihren Lehrerinnen Karin Eckerle und Melanie Meyer, wie sie mit Tablets im Unterricht und daheim arbeiten. Die Schule hatte sich vor zwei Jahren darum beworben, beim Pilotprojekt „Einsatz von Tablets an beruflichen Schulen in Baden-Württemberg“ mitzumachen und den Zuschlag bekommen. Seither erhalten alle Schüler und Schülerinnen der elften Klassen Tablets, das sie mit nachhause nehmen können. „Wir hatten den Vorteil, dass wir bereits auf einem vergleichsweise sehr hohen Niveau aufsetzen konnten.“, erläutert Rolf Väth, verantwortlich für die technische Umsetzung des Tabletsprojekts an der Schule. Doch mit der technischen Ausstattung allein sei es nicht getan.

„Wenn wir ein gedrucktes Buch nur durch ein E-Book ersetzten, würde sich so gut wie nichts ändern.“, so die beiden pädagogischen Projektleiter Melanie Meyer und Frank Metz. „Doch wir haben ein eigenes Konzept geschaffen, wie wir mit dem Einsatz von Tablets das Lehren und Lernen neu gestalten können. Dabei helfen uns die Technik ebenso wie der Einsatz vieler engagierter Lehrkräfte.“ Das Konzept trägt einen Namen „EULE“. Er steht für eigenständiges Üben und Lernen. „Die Wort- und die Bildmarke haben wir uns markenrechtlich schützen lassen.“, freut sich Schulleiter Markus Benkmann-Köhler. Die Durchlässigkeit des baden-württembergischen Bildungssystems führt dazu, dass sich heute Schüler mit sehr unterschiedliche Voraussetzungen in den Eingangsklassen der Beruflichen Gymnasien zusammenfinden. „EULE ist unsere Antwort darauf.“, meint Metz.